Den ersten Schritt selber machen

Ali Bahmani macht im ASB-Pflegeheim eine Ausbildung

Ein Krankenwagenfahrer hat Ali Bahmani geholfen, eine Ausbildungsstelle im Oftersheimer ASB-Pflegeheim zu finden. „Ich war schon seit dem 27. September 2015 in Deutschland,“ erzählt der Afghane. Im Februar 2016 kam er in die Gemeinschaftsunterkunft am Hardtwald. Dort sprach er einen Krankenwagenfahrer an, als ein Krankenwagen vor der Halle stand. „Er hat mir den Kontakt zum Krankenhaus in Schwetzingen gegeben. Dort konnte ich ein Praktikum in der Krankenpflege anfangen.“ Arbeit, sagt Ali Bahmani, ist ganz wichtig. „Ich möchte mit den Menschen hier in Kontakt kommen.“

Er hat schon während seines Aufenthalts in der Oftersheimer Gemeinschaftsunterkunft am Hardtwald Deutsch gelernt. Davor war Ali Bahmani in der Erstaufnahmestelle Hartheim. „Ich kann Englisch. Dort habe ich in das Persische übersetzt.“ Bei der Betreuung von Kranken oder bei Notfällen konnte er bei Gesprächen zwischen den Patienten und den Ärzten übersetzen.

Dass Ali Bahmani Arbeit im Krankenhaus suchte, hat mit seinem früheren Leben im Iran zu tun. Seine Eltern waren vor dem Krieg in Afghanistan geflohen und die Familie hatte Flüchtlingsstatus. Seine Heimat Afghanistan hat er nie kennen gelernt. „Ich hatte in Teheran eine Schulausbildung. Aber ich durfte nur das arbeiten, was mir zugewiesen wurde.“ Lieferant, Schweißer oder Bauarbeiter durfte er sein. Eine Ausbildung konnte er nicht anfangen. Er erzählt von schlimmen Erfahrungen im Iran, die ihn zur Flucht bewegten. Während er erzählt, wird deutlich, wie schwer ihm die Erinnerung fällt.

Auf seinem Weg nach Europa hat Ali Bahmani viel Hilfe erfahren. Das ist ein Grund, warum er jetzt einen Pflegeberuf lernt. Ein anderer Grund war ein Pflegefall in seiner Familie im Iran. „Ich helfe gerne, wie auch mir geholfen wurde. Auf dem Weg nach Deutschland wurde uns von Ehrenamtlichen geholfen. In der Halle in Oftersheim war der Asylkreis für uns wichtig.“ Er nennt besonders die Unterstützung mit Ämtern, mit der neuen Sprache und den Kontakt zu Oftersheimern. Ali Bahmani teilt sich jetzt eine Wohnung in Oftersheim und erinnert sich: „Unser Bürgermeister hat uns in der Halle besucht und uns mit Geduld zugehört.“

Ali Bahmani mit seinen Kolleginnen im Oftersheimer ASB-Pflegeheim.

Aus dem Praktikum im Krankenhaus in Schwetzingen wurde eine Ausbildung zum Pflegeassistent im Bildungszentrum Gesundheit in Wiesloch. „Aber die Sprache war noch zu schwer für mich. Ich bin in einer Prüfung durchgefallen. Da waren zu viele medizinische Begriffe.“ Ali Bahmani hatte keinen Anspruch auf weitere Sprachkurse. „Ich habe aber weiter gelernt und die Prüfung für das B1-Niveau selber bezahlt.“
An seine Zeit im Schwetzinger Krankenhaus denkt er gerne. Dort hatte er viel Unterstützung: „Ich danke meinen Kolleginnen und Kollegen dort.“ Ohne die bestandene Prüfung hat Ali Bahmani danach eine neue Ausbildung zum Altenpfleger im ASB-Heim begonnen. „Das dauert noch drei Jahre. Danach will ich mich als Fachkraft weiterbilden.“ Mit der deutschen Sprache kommt er inzwischen gut klar: „Im Krankenhaus und im Pflegeheim arbeite ich mit Menschen. Da muss man viel reden.“

In diesen drei Jahren hat Ali Bahmani noch viel zu tun. Er besucht an drei Tagen in der Woche die Schule in Heidelberg, lernt weiter Deutsch und arbeitet an zwei Tagen in der Woche im Pflegeheim. „Im Schichtdienst. Das kann auch am Wochenende sein.“ Oftersheim mag er: „Für mich ist das eine kleine Stadt mit netten Leuten.“ Im Pflegeheim fühlt Ali Bahmani sich wohl. Das sieht man an dem guten Kontakt zu seinen Kolleginnen. Als von ihm ein Foto gemacht werden soll, stellen sie sich sofort dazu und nehmen ihn in ihre Mitte. Am Ende der Geschichte von seiner Ausbildung sagt Ali Bahmani: „Den ersten Schritt muss man selber machen. Für die Hilfe und Unterstützung, die ich dann bekommen habe, bin ich sehr dankbar.“

Andreas Heisel

„Für das Lernen braucht man die richtige Einstellung“

Majd Altawil erzählt, wie er nach kurzer Zeit Deutsch sprechen konnte

In Oftersheim lebt Majd Aldin Altawil seit Januar 2016. Er möchte dem Asylkreis erzählen, wie er hier Deutsch gelernt hat. „Das war am Anfang sehr schwer,“ sagt er. „Deutsch ist schwieriger zu lernen als Englisch. Ich kann zwar Englisch sprechen, aber die deutsche Sprache ist ganz anders.“ Angefangen hat er mit einem Deutschkurs in der Volkshochschule. Im VHS-Kurs bei Brigitte Frei hat Majd Altawil bis zum Niveau A2 gelernt. VHS ist die Abkürzung für Volkshochschule. Das Niveau gibt an, wieviel von einer Sprache gelernt wurde. A2 steht noch am Anfang.

„Am Anfang habe ich jeden Tag 3 Stunden gelernt.“ Der Sprachkurs und das Lernen alleine haben ihm nicht ausgereicht: „Es hilft, oft mit Deutschen zu sprechen,“ empfiehlt er. In der Asylunterkunft Oftersheim hat Majd Altawil schon mit Ehrenamtlichen aus dem Asylkreis Deutsch geübt. Am Montagabend geht er jetzt zum Sport im Verein, dem TSV Oftersheim. Dort und während der Arbeit hat er Kontakt zu Deutschen. „Seit einem halben Jahr arbeite ich in einem Imbiss in Schwetzingen und muss dort Deutsch sprechen.“ Die Arbeitszeiten passen gut, weil Majd Altawil immer noch vormittags zur VHS nach Heidelberg fährt.

Mit seinem Vermieter in Oftersheim versteht sich Majd Altawil gut, erzählt er. „Manchmal schaut er bei mir vorbei, und wir reden ein wenig miteinander.“ Auch zu Brigitte Frei hat er noch Kontakt. Er hat inzwischen das Niveau B2 erreicht und beschreibt seinen Fortschritt so: „Von Niveau A1 bis B2 habe ich im Intensivkurs nur 6 Monate gebraucht. Ich habe dafür an jedem Tag 4 Stunden gelernt. Das ist manchmal ein bisschen viel. Meine Muttersprache ist Arabisch. Die ist auch sehr schwierig. Aber ich lerne jetzt nach 40 Jahren mit Deutsch eine neue Sprache. Dazu braucht man die richtige Mentalität, die richtige Einstellung.“

Was ist für ihn besonders schwer?
„Mit den Artikeln habe ich ein großes Problem. Dazu brauche ich eine Liste. Für die Regeln brauche ich auch eine Liste.“

Was ist gut für das Lernen?
„Es hilft, abends eine halbe Stunde im Fernsehen die deutschen Nachrichten zu sehen.“

Majd Altawil wartet auf die Zusammenführung seiner Familie. „Meine Kinder sind noch in der Türkei. Sie gehen dort zur Schule und sprechen schon perfekt Türkisch.“ Er ist älter und weiß, dass er eine neue Sprache nicht mehr so schnell lernt: „Wenn man das dann will, muss man viel lernen.“

Was ist ein besonders schöner Erfolg?
„Ich lerne hier in Oftersheim zwei Sprachen: Deutsch als Hochsprache und den Dialekt von hier.“

Wie geht es weiter?
„Nach einer Pause will ich die Prüfung für das Niveau C1 machen.“

Majd Altawil ist Agraringenieur. Das erklärt er, bevor er sein eigentliches Ziel nennt: „C1 ist aber im Moment nicht so wichtig. Ich will jetzt lieber die Fachsprache für meinen Beruf lernen.“

Majd Aldin Altawil berichtet gerne, wie er Deutsch gelernt hat. Er sagt aber auch, dass er die Sprache immer noch lernt und sie weiter lernen will.

 

Andreas Heisel

Zum Kaffee bei Ali aus Teheran – „Meine Tochter wird ohne Angst leben können“

Ali hat einen weiten Weg hinter sich bis in seine kleine Wohnung in Oftersheim. Aus Teheran im Iran kam er über Mannheim hierher. „Im Februar 2016 kam ich zuerst in die Unterkunft in der Hardtwaldsiedlung“, erzählt er. „Dort war es nicht gut. Es gab sehr viele Leute in der Unterkunft und ich war krank.“ Jetzt wohnt er mit seiner Frau und seiner kleinen Tochter mitten in Oftersheim. Geholfen haben ihm vor allem Ehrenamtliche des Asylkreises sowie Angestellte der Verwaltung, sagt er. Oftersheim gefällt ihm: „Die Menschen hier sind sehr nett. Für mich ist das der beste Platz in Deutschland. Langsam kommen meine Familie und ich mit den Menschen zusammen.“

Ali heißt in Wirklichkeit anders. Er möchte nicht, dass sein richtiger Name öffentlich wird. Er hat Angst um die Sicherheit seiner Verwandten im Iran. Deutsch spricht Ali gut, da er schon mehrere Sprachkurse besucht hat. Gute Deutschkenntnisse sind Voraussetzung bei der Arbeitssuche. Daher nutzt Ali jede Gelegenheit, um Deutsch zu sprechen. Er trifft Oftersheimer Bürgerinnen und Bürger auf Veranstaltungen des Asylkreises wie beispielsweise beim monatlich stattfindenden Begegnungscafé im Josefshaus oder jeden Donnerstag in der Teestunde im AWO-Café.
Ali ist Elektroingenieur und hat im Schiffbau gearbeitet. Deswegen schickte er schon Bewerbungen an Firmen nach Hamburg und Bremen. Aber er hatte kein Erfolg: „Ich bin 53 Jahre alt. Vielleicht ist das ein Grund. Vielleicht auch, weil ich ein Ausländer bin.“ Ali hat bereits ein Praktikum in einem Betrieb in der Nähe gemacht und sucht jetzt Arbeit in der Umgebung. „Ich möchte die Situation meiner Familie verbessern.“

Während Ali seine Geschichte erzählt, stellt seine Tochter Süßigkeiten und Kleinigkeiten zum Knabbern auf den Tisch: Kekse aus Kichererbsen mit Kardamom, getrocknete Früchte, Pistazien, Aprikosenkerne, Mandeln und Haselnüsse. Frau und Kind sind erst vor wenigen Wochen im Rahmen der Familienzusammenführung aus Teheran nach Deutschland gekommen. Sie haben die Leckereien mitgebracht. Er und seine Frau warten, dass ihre Tochter bald in einen Kindergarten kommt. „Dort kann sie Freunde finden und anfangen Deutsch zu lernen.“ Beim Abschied blickt Ali zu seiner Tochter und sagt: „Ich hoffe, meine Tochter wird hier ein gutes Leben haben. In Freiheit und ohne Angst.“

Andreas Heisel

Ein Einblick in die Arbeit der Flüchtlings- und Integrationsbeauftragten

Maria Theresia Tzschoppe ist seit Ende August 2017 als Integrations- und Flüchtlingsbeauftragte für die Gemeinde Oftersheim tätig. Wir haben mit ihr über ihre ersten Monate im Rathaus und ihre Pläne für 2018 gesprochen…

Redaktion:
Frau Tzschoppe, sie haben Ägyptologie, Religionswissenschaft und Friedens- und Konfliktforschung studiert. Dabei haben Sie sich mit Themen wie der islamischen Religion sowie Flucht- und Migrationskontexten auseinandergesetzt… Wie kamen Sie zu Ihrer heutigen Position als Integrations- und Flüchtlingsbeauftragte, waren Sie bereits früher beruflich auf diesem Gebiet aktiv?

Maria Theresia Tzschoppe (MTT):
Während meines Studiums in Marburg und Heidelberg war ich ehrenamtlich im Asylkreis tätig und habe auch Deutschunterricht gegeben. Hier habe ich gemerkt, dass die hauptamtlichen Strukturen zumeist nur die Grundbedürfnisse abdecken und wie wichtig daher die ehrenamtliche Unterstützung ist. Das ganze Thema hat mich nach meinem Abschluss 2015 dann auch bei meinem ersten Arbeitgeber begleitet: Beim Diakonischen Werk in Heilbronn war ich in der Flüchtlingsarbeit tätig und habe u.a. Ehrenamtliche beraten und Projekte mit Geflüchteten durchgeführt. In den zwei Jahren dort konnte ich wertvolle Erfahrungen sammeln, die mir natürlich in meiner jetzigen Funktion zugutekommen.

Redaktion:
Sie kümmern sich um die Zielgruppe der Flüchtlinge und um deren Integration, wie ja Ihr Jobtitel schon sagt. Aber was genau macht eigentlich eine Flüchtlings- und Integrationsbeauftragte, was sind ihre täglichen Herausforderungen?

MTT:
Ich betreue und berate Geflüchtete, die Oftersheim zugeteilt werden und unterstütze deren ehrenamtliche Patinnen und Paten in allen Fragen des Alltags. Dies kann Hilfe bei kleinen oder größeren Behördenangelegenheiten sein wie Unterstützung bei Briefen, Anträgen oder Formularen, Vermittlung von Kursen und Angeboten für diese Zielgruppe. Auch konkrete Ansprechpersonen für die unterschiedlichsten Anfragen versuche ich zu vermitteln. Vieles, das für uns selbstverständlich oder selbsterklärend ist, ist den Neuankömmlingen natürlich erst einmal noch fremd. Ist der erste Schritt getan, läuft Vieles dann fast wie von selbst, auch wenn es manchmal länger dauert. Hier sind die ehrenamtlichen Patinnen und Paten eine große Hilfe.

Redaktion:
Das heißt, alle wichtigen Informationen bekommen Flüchtlinge und Paten für das Leben in Oftersheim direkt von Ihnen?

MTT:
Ja, ich fungiere sozusagen als Schnittstelle zwischen der Gemeinde Oftersheim, den Geflüchteten und dem Rhein-Neckar-Kreis. Es besteht ein regelmäßiger Austausch zwischen den Kommunen und der Stabsstelle im Landratsamt in Heidelberg. Wir arbeiten alle an einem gemeinsamen Konzept, um Informationen, Broschüren, Flyer und andere Hilfsmittel für den Alltag, für Arbeits- und Wohnungssuchende oder Behördengänge online und in Printformat bereitzustellen sowie auf kurzen Wegen Fragen und Probleme zu klären. Zusammengetragen werden diese Informationen u.a. auf dem Integrationsportal und der Bildungs- und Beratungsdatenbank (BuBDa) des Rhein-Neckar-Kreises. Viele Anfragen kommen auch direkt vom Asylkreis über Frau Joos, die mit ihren Kolleginnen und Kollegen einen tollen Job macht. Hier hat sich eine gute Zusammenarbeit entwickelt, und ich möchte allen Beteiligten in Oftersheim und der Rhein-Neckar-Region danken, dass wir diesen Weg so erfolgreich bisher gegangen sind.

Redaktion:
Das hört sich sehr erfreulich an. Welche Themen haben Sie – neben der weiteren guten Zusammenarbeit – für 2018 für Oftersheim und die Region auf der Agenda?

MTT:
In Baden-Württemberg wurde im Frühjahr 2017 der Pakt für Integration beschlossen. Dies bedeutet für uns konkret, dass wir als Gemeinde mit einer zusätzlichen Vollzeitstelle, finanziert durch das Land, für die nächsten zwei Jahre planen können. Durch das so genannte Integrationsmanagement werden Geflüchtete bei der Integration unterstützen, indem die Mitarbeitenden mit diesen einen Integrationsplan ausarbeiten. So kann sowohl der Asylkreis in seiner Arbeit entlastet werden als auch ich mich wieder vermehrt um die Verwaltung und Organisation der Flüchtlingsthematik kümmern. Aber natürlich bin ich auch weiterhin zentrale Ansprechpartnerin für alle, die neu zu uns kommen und einen ersten Schritt in Richtung Ankommen und Integration gehen wollen – auch für die Oftersheimer Bürgerinnen und Bürger bei Fragen rund um das Thema Flüchtlinge und Integration. An dieser Stelle möchte ich gern noch einmal darauf hinweisen, dass wir auch dieses Jahr wieder Ehrenamtliche in Oftersheim suchen, die sich für unsere „Neuen“ engagieren möchten. Jede Art von Unterstützung ist willkommen! Melden Sie sich gern direkt bei mir oder bei Frau Joos vom Asylkreis. Vielen Dank!

Redaktion:
Frau Tzschoppe, wir danken Ihnen für das Gespräch und die interessanten Einblicke und wünschen Ihnen und allen Beteiligten weiterhin viel Freude und Erfolg bei Ihrer Arbeit.

 

Karla Schneider-Dörken (Asylkreis Oftersheim)


Kontaktdaten

Maria Theresia Tzschoppe
Bürgermeisteramt Oftersheim
Flüchtlings- und Integrationsbeauftragte
Mannheimer Straße 49
68723 Oftersheim
Telefon: (06202) 597-112
E-Mail: fluechtlinge@oftersheim.de
www.oftersheim.de
Sprechzeiten:
Mo-Mi 8-12 Uhr, Do 14-18 Uhr oder nach Vereinbarung
EG, Zimmer 12

Asylkreis Oftersheim
Ansprechpartnerin: Heidi Joos
Telefon: (06202) 9509078
E-Mail: heidi.joos@asylkreis-oftersheim.de
http://asylkreis-oftersheim.de

Integrationsportal
http://www.rhein-neckar-kreis.de/,Lde/start/landratsamt/integrationsportal.html

BuBDa
https://bubda.rhein-neckar-kreis.de/

Was machst du als Pate einer Flüchtlingsfamilie?

Bernd: Was machst du denn so als Pate?

Ralf: Du denkst wohl an Taufpate oder so. Aber mit Religion hat das jetzt gar nichts zu tun. Vielleicht wäre auch Betreuer oder Ansprechpartner besser.

Bernd: Betreuer klingt so zeitaufwändig. Fast wie… rund um die Uhr.

Ralf: Nein, so ist das nicht. Wenn ein Problem auftaucht, dann kann man mich fragen und dann gehe ich mit auf die Behörde  oder so.

Bernd: Mach mal ein anderes Beispiel.

Ralf: Also die Flüchtlinge brauchen ja ein Bankkonto. Dann gehe ich eben mit auf die Bank und erkläre, warum es ohne Bankkonto nicht geht und übersetze.

Bernd: Aber du kannst doch keine anderen Sprachen als dein bisschen Englisch.

Ralf: Das reicht aber. Ohne Hilfe sind die ja völlig aufgeschmissen bei den Anträgen beim Arzt, bei der Stadt, beim Ausländeramt und so fort. Und die sind alle auf Deutsch.

Bernd: Und dann füllst du also mit ihnen die Anträge aus und sagst ihnen wo sie unterschreiben sollen.

Ralf: Ja, und was sie machen müssen, welche Belege sie noch brauchen, wo sie die kriegen und wo sie die dann hinbringen.

Bernd: Das heißt aber auch, du bist auch mal vormittags unterwegs?

Ralf: Stimmt. Aber die meisten Stellen sind auch nachmittags auf.

Bernd: Und wenn du mal selber nicht weiter weißt.

Ralf: Dann rufe ich jemanden vom Asylkreis an. Es gibt immer einen Weg. Und je schneller man den findet, desto eher stehen diese Familien dann auf eigenen Beinen.

Bernd: Du sprichst von Familien.

Ralf: Ja die, die im Goldenen Hirsch untergebracht sind, mit Kindern. Wir brauchen übrigens noch dringend ein paar Helfer, weil einige Familien noch niemanden haben, der sie begleitet oder berät. Übrigens,  wie steht´s denn mit dir? Du könntest doch auch mitmachen.

Bernd: Ich kann kein Arabisch und die Flüchtlinge nur wenig Englisch. Kommt man an die überhaupt ran?

Ralf: Das ist übrigens eine ganz tolle Erfahrung für mich. Den emotionalen Kontakt spüre ich sofort. Die wissen ja, dass du ihnen helfen willst und sind so dankbar. Sprachlich hapert´s zwar, aber mit meinem bisschen Englisch und mit Händ und Füß, wie man so sagt, kommt man durch.

Bernd: Du meinst, das wär auch was für mich?

Ralf: Absolut. Auch für deine Frau. Komm macht doch mit. Ich zähl auf euch.

E.G. – Pate im Asylkreis Oftersheim

Erklärung des Asylkreises Oftersheim zur sogenannten „Entrümpelung“ der Flüchtlingsunterkunft im Gewerbepark Hardtwald

Am Freitag, dem 12.8.2016 hat der für die Gemeinschaftsunterkunft im Gewerbepark Hardtwald zuständige Wachdienst ab ca. 15:00 Uhr unter der Begründung, die Hausordnung durchzusetzen und für die Einhaltung der Brandschutzbestimmungen zu sorgen, die Gemeinschaftsunterkunft geräumt, das Eigentum der dortigen Bewohner in Form von Möbeln, Elektrogeräten, Speisen usw. entfernt und in drei bereitstehende Container entsorgt. Anwesend waren neben der Polizei, die vom Sicherheitsunternehmen gerufen wurde, auch das Fernsehen sowie Anwohner, die das Geschehen abfällig kommentierten.

Der Asylkreis verurteilt diese Aktion auf Schärfste. Neben eklatanten Kommunikationsmängeln von Seiten der Security und dem Rhein-Neckar-Kreis, die es nicht für nötig befanden, den Asylkreis oder die Hallenbewohner im Vorfeld zu informieren, stellen wir fest, dass die Aktion insgesamt vollkommen unverhältnismäßig war und mit unnötiger Härte durchgeführt wurde. Die Würde und die Rechte der Hallenbewohner wurden mit Füßen getreten und diese in aller Öffentlichkeit bloß- und als für die Versäumnisse Dritter verantwortlich hingestellt. Der Asylkreis wird im Interesse der Bewohner den Vorgang juristisch prüfen und falls notwendig gegen die Verantwortlichen vorgehen.

Die Halle im Gewerbepark, betrieben durch den Rhein-Neckar-Kreis, wurde am 20. Januar 2016 von den ersten Flüchtlingen bezogen. Die offizielle Ausstattung der Zellen für bis zu zwölf Bewohner, die aus mit Planen bespannten Bauzäunen bestehen, bestand beim Einzug aus Etagenbetten inkl. Bettwäsche; weiterhin war ein Spind pro Bewohner vorgesehen. Zusätzlich wurden vom Landratsamt pro Zelle jeweils ein Tisch sowie zwei Stühle zur Verfügung gestellt. Ein Großteil der Stühle und der Betten hatten eine so schlechte Qualität, dass diese nach wenigen Wochen ausgetauscht werden mussten. Die Spinde wurden erst Wochen nach Bezug geliefert, sodass die Bewohner über längere Zeit keine Möglichkeit hatten, ihre Papiere und Wertgegenstände sicher aufzubewahren.

Der Asylkreis ist der Ansicht, dass unter diesen Bedingungen kein menschenwürdiges Leben möglich ist, weshalb dem Bedürfnis der Bewohner, für individuelle Lebensbedingungen zu sorgen, großes Verständnis entgegen gebracht wird. Ebenso ist festzustellen, dass verschiedene vom Asylkreis unternommene Initiativen zur Verbesserung der Lebensqualität durch das Landratsamt blockiert wurden. Als Beispiel ist hier die Anschaffung von Kühlschränken für die heißen Sommermonate zu nennen, die nicht genehmigt wurde. Vor diesem Hintergrund ist es weder verwunderlich noch verwerflich, dass die Bewohner eigene Initiativen ergriffen haben, um sich ein Mindestmaß an Lebensqualität zu sichern, wozu eine individuelle Einrichtung, Besitz sowie Möglichkeiten zum Lagern und Zubereiten von Speisen gehören.

Seit dem ersten Tag übernimmt die Firma DS Security GmbH den Wachschutz der Unterkunft – von Anfang an mit der Anweisung, dass aus Brandschutzgründen keine elektrischen Geräte durch die Bewohner betrieben werden dürfen. Es darf an dieser Stelle die Frage gestellt werden, wie es dazu kommen konnte, dass sogar Großgeräte wie Kühlschränke oder Fernseher sowie andere Gegenstände, deren Präsenz vom Wachdienst als Sicherheitsproblem eingestuft wird, in die Halle gelangen konnten. Überhaupt war die Situation nach Aussage von Herrn S., Geschäftsführer der DS Security GmbH, offiziell schon seit Monaten bekannt und wurde nach seiner Aussage mehrmals beim Landratsamt angemahnt. Wenn man wie Herr S. unterstellt, dass die Bewohner und Besucher der Halle seit Monaten permanent einer großen und akuten Gefahr ausgesetzt waren, die den verantwortlichen Stellen bekannt war und aufgrund ihrer Dringlichkeit eine derart rabiate Vorgehensweise erforderte, muss man zwangsläufig den Schluss ziehen, dass hier eine eklatante Missachtung der Sorgfalts- bzw. Dienstpflicht vorlag, deren juristische Konsequenzen es zu prüfen gilt.
Am Freitag gab Herr S., seiner Darstellung nach unter Rücksprache mit dem Ordnungsamt, den Einsatzbefehl. Obwohl sich der Asylkreis stets um ein gutes Verhältnis mit den Mitarbeitern des Landratsamts und des Sicherheitsdienstes bemüht hat, erachtete es keine Stelle für notwendig, den Asylkreis im Vorfeld oder zumindest bei Beginn der Maßnahme zu informieren. Dieses Verhalten spricht für sich und offenbart, welcher Stellenwert und welche Wertschätzung der Arbeit der Freiwilligen entgegengebracht wird – nämlich offensichtlich keine. Wir nehmen für uns in Anspruch, dass die bisher weitgehend friedliche und positive Stimmung zu einem großen Teil auf die Arbeit der freiwilligen Helfer zurückgeht, die stets ein offenes Ohr für die Anliegen der Bewohner haben und sie mit Rat und Tat unterstützen. Dem entgegen steht insbesondere der Rhein-Neckar-Kreis, der die Arbeit des Asylkreises von Beginn an systematisch behindert hat und den Bewohnern keinen übergeordneten Ansprechpartner für ihre bedauernswerte Situation bietet.

Im Zuge der Räumung wurden nicht nur brennbare Gegenstände oder Elektrogeräte entsorgt, sondern auch allerlei andere Gegenstände wie die offiziell vom Landratsamt gestellten Stühle und Tische sowie persönliche Besitztümer wie Notenständer, Fahrradteile, ein Laptop oder sogar Lebensmittel. Die genannten Sachen wurden vor der Halle gesammelt und vor den Augen ihrer Besitzer und in Gegenwart der Öffentlichkeit in Container geworfen. Im Polizeibericht, der in großen Teilen von der Presse übernommen wurde, wurde dieser Vorgang als „Entrümpelung“ bezeichnet. Der Asylkreis distanziert sich in aller Deutlichkeit von dieser Wortwahl, denn der Begriff des Entrümpelns impliziert, dass es sich bei den betreffenden Gegenständen um „Gerümpel“ handelt – und nicht etwa um Einrichtungsgegenstände, die teilweise unter hohem finanziellen und zeitlichen Aufwand von den Bewohnern angeschafft und täglich benutzt wurden.

Überhaupt war das Vorgehen in jedem Sinne unverhältnismäßig. Zwar ist die Durchsetzung der Brandschutzbestimmungen ein legitimer Zweck und die Entfernung der problematischen Gegenstände auch grundsätzlich geeignet, diesen Zweck zu erreichen; die Aktion war in diesem Ausmaß jedoch weder erforderlich noch angemessen. Eine menschlich anständige Lösung hätte darin bestanden, einen Termin festzusetzen, bis zu dem alle verbotenen Gegenstände hätten entfernt sein müssen. Wären die Bewohner dieser Frist dann nicht nachgekommen, hätte eine Entfernung und Einlagerung der Sachen unter Einbeziehung der verantwortlichen öffentlichen Stellen wie Polizei und Feuerwehr stattfinden müssen, und nicht etwa durch ein privates Sicherheitsunternehmen, das keinerlei hoheitlichen Rechte besitzt. Von einer vorherigen Ankündigung wurde jedoch bewusst abgesehen – Herr S. erklärte, dass sich die Bewohner ja hätten organisieren und Mitglieder des Asylkreises eine Demonstration veranstalten können. Dazu hätten sie in einem demokratischen Rechtsstaat auch jedes Recht gehabt. Selbst wenn man die unangekündigte Räumung der Halle als notwendig erachtet hätte, so hätte doch die Möglichkeit bestanden, zusammen mit den jeweiligen Zimmerbewohnern die Gegenstände zu beschriften, zu inventarisieren und angemessen zu lagern. Stattdessen wurde wahllos Eigentum, darunter auch solches, welches offensichtlich keine Brandgefahr darstellt, vor den Augen seiner Besitzer in Container geworfen. Darauf angesprochen, dass es sich bei den betreffenden Gegenständen um Eigentum der Hallenbewohner handle, wurde von Seiten des Sicherheitsunternehmens die Behauptung aufgestellt, dass die Flüchtlinge in der Halle überhaupt keinen Besitz haben dürften und darüber hinaus die Gegenstände widerrechtlich vom Sperrmüll mitgenommen bzw. gestohlen worden seien. Über die Feststellung hinaus, dass ein Unternehmen, dessen Führungspersonal ein solches Verständnis und Menschenbild besitzt, auf keinen Fall eine Asylbewerberunterkunft bewachen dürfte, erübrigt sich jeder Kommentar.

Die Aktion am letzten Freitag hat die Bewohner der Halle fassungslos, verständnislos und vor aller Augen gedemütigt zurückgelassen. Ihre Würde wurde mit Füßen getreten und all das Vertrauen, das der Asylkreis Oftersheim unter großem Einsatz seiner freiwilligen Helfer seit Ankunft aufbauen konnte, zerstört. Die Bewohner wurden einem Verhalten ausgesetzt, wie man es vielleicht in ihren Herkunftsländern erwarten würde. Jetzt wurde ihnen das Bild vermittelt, dass Deutschland nicht für Rechtsstaatlichkeit, sondern vielmehr für Willkür und Gewalt steht. Worte, die dieses Unrecht ungeschehen machen können, gibt es nicht. Es bleibt nur die Hoffnung, dass nun schnell deutliche Schritte unternommen werden, um die Situation der Hallenbewohner nachhaltig zu verbessern und ihnen darüber hinaus gezeigt werden kann, dass solches Verhalten in Deutschland nicht geduldet wird und für alle Verantwortlichen ernsthafte Konsequenzen mit sich bringt.

Heidi Joos
Leiterin des Asylkreises
heidi.joos@asylkreis-oftersheim.de

Er lernt – wir lernen – wir haben gelernt

Seit dem 2. März 2016 gebe ich einer Gruppe junger Flüchtlinge aus Gambia und Afghanistan, die in der Halle im Hardtwald 19 untergebracht sind,  Deutschunterricht. Es ist ein Anfängerkurs der VHS Schwetzingen für insgesamt 100 Stunden. Jeweils montags und mittwochs kommen sie für drei Stunden ins Siegwald-Kehder-Haus. Ich freue mich jedes Mal auf diesen Kurs, weil mich der Lerneifer, das Interesse an der deutschen Sprache und die Bereitschaft, möglichst schnell viel von unserer Lebensart und Kultur kennen zu lernen, beeindruckt. Sie können mittlerweile meine Unterrichtssprache (gelegentlich  etwas Englisch unterstützt) verstehen, erweitern stetig ihren Wortschatz und lernen Sätze aus den verschiedensten Alltagssituationen, die ihnen die tägliche Orientierung außerhalb der Halle erleichtern sollen.

Konsequente und zielgerichtete Sprachvermittlung (inklusive Hausaufgaben) ist das wesentliche Standbein und hat auch absolute Priorität. Dennoch sind gemeinsame Tätigkeiten, die von der Planung, der Durchführung und Nachbereitung sprachlich etwas systemfreier ablaufen, eine sinnvolle Ergänzung. So wollen wir  demnächst einmal gemeinsam kochen, wobei  die jungen Männer selbständig ihre Rezepte auf Deutsch zusammenstellen.

Eine weitere wesentliche Hilfe für den Spracherwerb und die Verbesserung der Alltagsituation der Flüchtlinge  wäre es, wenn die eine oder andere Firma in Oftersheim eine Möglichkeit einräumen könnte, einen der jungen Männer im Rahmen eines unentgeltlichen Praktikums für einige Stunden in der Woche im Betrieb mit irgendeiner Tätigkeit mitlaufen zu lassen. Der zeitliche Rahmen und die Länge hiervon  wären sehr flexibel. Für eine Nachfrage wäre ich sehr dankbar (01739431151).

Ich bin fest davon überzeugt, dass ein solch intensives Sprachangebot sowie die auch durch den Asylkreis gegebenen Hilfestellungen dazu beitragen, den jungen Männern  den Weg in eine eigenständige Zukunft in unserer Gesellschaft zu erleichtern.

Brigitte  Frei

Asyl Deutschkurs

Interview mit Fardeen Alim aus Kabul, Afghanistan

Fardeen Alim ist einer der rund 270 Bewohnern, die seit Januar diesen Jahres in der Gemeinschaftsunterkunft in Oftersheim unterkommen. Der gebürtige Afghane aus Kabul hat an der Kardan Universität den Bachelor in „Business und Administration“ abgeschlossen und neben zahlreichen Weiterbildungen und Arbeitserfahrungen (die Liste ist zu lang, um sie hier im Einzelnen zu nennen) auch zwischenzeitlich ein eigenes Unternehmen gegründet gehabt. Im Januar 2015 nahm er die Stelle als „Administration and Operation Manager“ bei der Aga Khan Stiftung in der Kunduz Provinz an. Die Aga Khan Stiftung ist eine nicht-staatliche Entwicklungshilfeorganisation mit Hauptsitz in der Schweiz mit zahlreichen Niederlassungen in 15 Ländern, darunter auch Afghanistan. Dieser Job war es auch, der Fardeen Alim dazu zwang, Afghanistan zu verlassen. Von der Taliban erhielt er Drohbriefe und -anrufe, dass man ihn töten werde, wenn er seinen Job nicht verlasse.

Auf die Frage was er am meisten vermisse, sagt er: „Um ehrlich zu sein, vermisse ich alle meine guten Freunde. Aber am meisten meine Familie“.

Was sind deine Wünsche für die Zukunft?„Aufgrund meiner Erfahrungen im Managementbereich, wünsche ich mir etwas Humanitäres zu machen, egal ob in Deutschland oder in einem anderen Land. Mein Wunsch ist es, etwas für die Menschen zu tun und mehr Wissen zu erlangen und zu entdecken, damit andere und ich selbst auch besser leben können.“

Was sind deine Ängste und Sorgen?„Meine größte Sorge und Angst ist meine Zukunft, meine Familie und alle Menschen, die Krieg in ihren Ländern haben, wie die Menschen in Afghanistan, Syrien, Irak und in anderen Ländern, in denen Krieg herrscht. Ich denke die ganze Zeit über an diese Menschen und ihre Zukunft und was mit ihnen und den kommenden Generationen passieren wird.“

Was denkst du über Deutschland? „Deutschland ist ein tolles Land und die Deutschen sind tolle Gastgeber, denn sie nehmen viele Flüchtlinge aus verschiedenen Ländern und mit verschiedenen Religionen bei sich auf. Von dem demokratischen System Deutschlands habe ich schon gehört, als ich noch in Afghanistan gelebt habe. Ich finde, Deutschland hat eine tolle Vorstellung von Menschlichkeit (im Original: „Great Idea of Humanity“).

Wie siehst du die Situation in der Gemeinschaftsunterkunft?„Im Allgemeinen finde ich die Situation in der Halle gut, aber leider gibt es keine wirkliche Möglichkeit, sich dort sportlich zu betätigen – ich bin Wrestler und brauche dafür eigentlich geeignete Räumlichkeiten. Die Räumlichkeiten generell sind klein für die Anzahl der vielen Menschen in der Unterkunft, aber das soll keine Beschwerde sein, es ist nur ein Verbesserungsvorschlag falls möglich, ansonsten ist es ok.

fardeenalim

Das Interview war auf Englisch, die Antworten sind sinngemäß ins Deutsche übersetzt worden.

Lisa Thielsch

Sana und Modou

Asylkreis Sana und Modou

Sana und Modou kommen aus Gambia in West-Afrika. Sie waren unter den ersten Flüchtlingen, die letzte Woche ins „Camp“ im Gewerbepark eingezogen sind. Danach gefragt, was sie erzählen möchten, erzählen beide lange von ihrer Flucht – von den Schlepperbanden in der algerischen Wüste, von Flüchtlingen, die aus Erschöpfung umgefallen sind und den Tuareg-Rebellen, die sie mit dem Tod bedrohten und nur gegen Bezahlung wieder gehen ließen. Dann die Vorsicht vor den kleinen Jungs im libyschen Bürgerkriegsgebiet, die auf offener Straße mit Gewehren spielen und schließlich die Fahrt übers Mittelmeer mit über 100 Menschen in einem Schlauchboot. Einige haben es nicht überlebt. Endlich auf Lampedusa, erzählt Modou, habe er der Strapazen wegen tagelang kaum geschlafen und nicht geredet. Er habe auch angefangen zu trinken „um zu vergessen“, das aber inzwischen wieder gelassen.
Beide kennen sich aus Gambia, „we are brothers“, betonen sie, „wir sind Brüder“, obwohl sie nicht verwandt sind. Aber sie sind ein Team, und das merkt man, beide wollen permanent reden und tun das ohne sich dabei jemals ins Wort zu fallen. Modou ist Trommler und hat in Hotels vor Touristen die Bechertrommel „Djembe“ gespielt. Sana kann auch trommeln, war aber Koch in einem Restaurant am Strand. Hier im Camp ist das Essen gut, sagt Sana – ein Catering-Service versorgt die Bewohner –, aber er würde gern selbst kochen. „Meinen Reistopf würdet ihr lieben“, glaubt er.
„Das Problem ist der Präsident“ sagt Sana zu den Fluchtursachen. In Gambia herrscht kein Krieg, es gibt aber Konflikte zwischen zwei ethnischen Stämmen. Die, die nicht dem herrschenden Stamm angehören, werden bedroht und können jederzeit im Gefängnis verschwinden.
Auf die Frage, was ihr erster Eindruck von Oftersheim war, betonen beide, wie dankbar sie sind für alle, die hier arbeiten und für den Respekt, den man ihnen gegenüber bringt. Sie wissen zu schätzen, dass „viele kommen und wir trotzdem Platz haben“.
Von den Ereignissen in Köln haben sie gehört und sie wissen, dass viele Deutsche nun ängstlich sind. Beide nehmen das ernst und suchen nach Erklärungen für Köln: „Es sind viele Leute gekommen und alle sind unterschiedlich“, „Die meisten kommen, um ihr Leben zu retten“. Sie selbst werden alle Menschen hier respektieren, „wir bomben nicht und wir begrapschen niemanden“, in Gambia gäbe es die selben Gesetze und sie hätten sich immer daran gehalten.
Sana wünscht sich, etwas zu tun, will deutsch lernen, um mit den Leuten auf der Straße reden zu können. Immer nur schlafen und essen „is not my way“. In Oftersheim haben sie sich schon umgesehen und mit der Freizeit-Gruppe des Asylkreises gehen sie bald Fußball spielen.
Am 18. Februar findet das 1. Begegnungs-Café im Josefshaus statt und Flüchtlinge wie Oftersheimer sind herzlich willkommen. Sana und Modou haben die Einladung gern angenommen und versprochen, uns dort ihre Trommel-Künste zu zeigen. „We will make you happy“ versprechen die beiden. Wir freuen uns drauf.

Ihr Asylkreis (Interview: Peter Rösch)